Freitag, 20. März 2015

Eine Woche on tour

 Ohne große Vorbesprechung sind wir am Dienstag um 8.30 Uhr auf dem Fahrrad losgedüst zu unserem ersten gemeinsamen Wochenbett-Besuch. Was ich da noch nicht wusste ist, dass die kommenden sechs Tage eine echte Bereicherung für meine Ausbildung sein würden, und es mir nach dieser Zeit schwer fallen würde Abschied zu nehmen. Abseits vom Krankenhaus kann ich mich darauf zurück besinnen, wofür ich vor 1,5 Jahren die Ausbildung zur Hebamme angetreten hatte. Meine Motivation ist, die Frauen um die Geburt individuell darin zu unterstützen, die Antworten auf ihre Fragen und Probleme zu finden.

Sofort bin ich begeistert wie ressourcenorientiert Beatrice arbeitet. In jeder Situation findet sie einen positiven Anlass für Bestärkung, Ermutigung oder Verbesserung. Und sofort merke ich: sie arbeitet nicht um zu leben, sondern die Arbeit ist ihre Berufung.

Ich bin dankbar, dass ich so uneingeschränkt teilhaben darf an Beatrices großem Erfahrungs- und Wissensschatz, sei es in der Geburtsvorbereitung mit Paaren, im Wochenbett bei den Frauen zu Hause oder bei ihren Rückbildungskursen. Immer habe ich die Möglichkeit Fragen zu stellen, dumme gibt es dabei nie! Und ich darf Zürich bei schönstem Sonnenschein und mit täglich neuer Stadtführung in vollen Zügen „gnüassa“.

Ein ganz neuer Bereich für mich ist die Haptonomie. Als werdende Hebamme ist es toll, die Rührung der Väter zu erkennen, denen durch Beatrices Arbeit ermöglicht wird schon vor der Geburt Kontakt zu ihren ungeborenen Kindern aufzunehmen. Was für eine wunderbare Veränderung wäre es, wenn alle Väter diese Erfahrung machen könnten. Später bei der Geburt könnte diese Ressource im Kreißsaal hilfreich sein und den Vätern ermöglichen noch aktiver an der Geburt ihres Kindes teilhaben zu können, ihm sogar den Weg zu weisen.
Ich durfte Haptonomie auch an mir selbst erfahren (auch ohne Baby im Bauch) und bin sehr dankbar für das Aha-Erlebnis.

Und ich habe mir fest vorgenommen in meiner künftigen Arbeit jeder Frau im Wochenbett die von Beatrice gelernte Bauchmassage anzubieten.

Beatrice ist FREI-SCHAFFEND im besten Sinne! Sie teilt sich ihre Arbeit FREI ein und ist flexibel und omnipräsent immer dort wo sie gebraucht wird, orientiert an den Bedürfnissen der Frauen. Ich bin beeindruckt davon, wie Beatrice durch ihr Feingefühl immer erkannte, was jetzt wichtig ist, ganz unabhängig vom Alter des Kindes. Ihre offene Art den Frauen Raum zu geben ermöglicht über alles zu sprechen. Beatrice verabschiedet sich erst wenn alle Themen und Anliegen besprochen sind. Dabei switcht sie locker zwischen drei Sprachen (nein: vier!!, schwitzerdütsch nicht zu vergessen! Manchmal eine kleine Herausforderung für die dütsche Praktikantin..)

Beatrice stärkt das Vertrauen der Frauen in sich selbst bei jedem Besuch durch ihre Präsenz und Empathie. Die Familien unterstützt sie dabei den gemeinsamen Neustart mit Baby zu Hause gut zu meistern. Und sie SCHAFFT es, mit Rat und Tat! Den hohen Anspruch an ihre Arbeit habe ich auch daran erkannt, dass Beatrice die Grenzen der eigenen Arbeit kennt und im Zweifelsfall lieber einmal zu oft die Absicherung durch einen Arzt schätzt.

In sieben Stadtkreisen sind wir gemeinsam bei den Nachsorgen unterwegs. Auch was die Wahl des Verkehrsmittels angeht ist Beatrice flexibel: mal düst sie auf dem Fahrrad kreuz und quer durch die Stadt, immer mit der perfekten Route im Kopf, so manches Mal hätte sie mich fast abgehängt...aber meistens hat es sich angefühlt wie fliegen. Blieb mal etwas mehr Zeit wurde das Fahrrad kurzerhand geparkt und zu Fuß weiter marschiert.

Geliebt habe ich Beatrices kulinarische Geheimtipps „on the run/fly“, im Ausgleich zum Mitturnen bei den Rückbildungsübungen und den zurückgelegten Kilometern auf dem Fahrrad. Oft ist die Tram dann ein willkommener Ort der Erholung mit Zeit zum Diskutieren, Plaudern und Lachen.

Besonders berührt hat mich Beatrices Angebot den Geburtsfilm ihres Sohnes ansehen zu dürfen. Sehr interessant ist für mich, anhand des Filmes darüber zu sprechen, wie sie die Geburt erlebt hat, was ihr wichtig war und was im Rückblick gut gelaufen ist, oder was sie sich anders gewünscht hätte. Für mich ein echtes Geschenk!

Der schöne Abschluss meines Praktikums ist der Besuch im Anthroposophischen Spital von Richterswil. Ich würde mir für alle meine Kolleginnen wünschen, dass sie auch einmal diesen Vergleich zu klassischen Krankenhäusern anstellen und die ganzheitliche Sicht auf die Patienten erfahren dürfen.

Beatrice Perspektive und Arbeitsweise hat mich inspiriert und in meiner Berufswahl gestärkt. Ihre Begeisterung für die Arbeit ist wirklich ansteckend – nicht nur für mich als Hebammenschülerin sondern für alle die sie erleben! Ich starte mit neuer Energie und Motivation in die zweite Hälfte meiner Ausbildung.


Vielen Dank!!     Gloria

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