Einst wurde ich von einem Paar bei mir daheim überrascht, gerade als ich aus dem Haus gehen wollte. Die Frau hatte am Termin einen Blasensprung aber keine Wehen. Da ihre Nachbarin und auch ihre Freundin - vorher Beschriebenes - durchgemacht hatten und jeweils die Kinder mit Kaiserschnitt bekommen haben, wollte sie dies unter allen Umständen vermeiden. Auf ihren Wunsch hin, habe ich von aussen kontrolliert wie es dem Baby geht und ihr durch das Begutachten der Binde den Blasensprung bestätigt. Das Paar wollte auf keinen Fall ohne Wehen in den Spital und mit Druck und Stress konfrontiert werden.
Die Infektionsgefahr ist im Spital grösser als daheim, da im Spital das Umfeld fremd ist, mehr Personen und dadurch mehr Keime vorhanden sind. Dafür ist die Ueberwachung des Babys und der medizinischen Faktoren grösser. Das Immunsystem ist auf die Hauskeime eingestellt. Trotzdem müssen einige Hygiene-Massnahmen beachtet werden. So sollte vermieden werden, dass Keime von Aussen eindringen können: kein Baden, keine Vaginaluntersuchung und sonstiger vaginaler Kontakt. Binden sollten oft gewechselt werden, am besten eine frische Packung anfangen bei der man sicher sein kann, dass sie den Hygienevorschriften entsprechen.
Dieses Paar hat allen Bedenken zum Trotz, die Verantwortung selber übernommen und ist nicht in den Spital eingetreten. Sie fühlten sich sicher und haben mich erst wieder am nächsten Tag kontaktiert. Ein weiterer Tag ist verflossen und dann haben sie mit dem Spital Kontakt aufgenommen und sind dann nur mit der Zusicherung, dass sie wieder heim gehen dürfen, eingetreten.
Vierundsiebzig Stunden nach dem Blasensprung ist das Baby natürlich, aber schnell auf die Welt gekommen.
Das Fruchtwasser ist ein Schutz für das Baby. Schutz für die Haut aber auch ein Puffer gegen die Aussenwelt. Ist die Fruchtblase offen ist das Baby nicht mehr in der intakten Schutzhülle die Flüssigkeit fliesst weg (sie kann sich zwar wieder bilden, aber es kann sein, dass sie schneller Abfliesst wie dass sie sich bildet). Auch können Keime von Aussen nach Innen eindringen. Eine seltene Komplikation kann auftreten wenn das Baby sehr viel Platz im Uterus hat, dass es mit dem Fruchtwasser nach unten treibt und dann durch eine unkonformen Stellung ein Händchen oder Füsschen nach aussen tritt. Schlimmer noch - wenn die Nabelschnur vor das Kind geschwemmt wird. Dann könnte das Gewicht des Babys darauf drücken und ihm die Zufuhr von Sauerstoff verwehren.
Es ist diffizil hier eine harmonische für Alle stimmige Situation zu schaffen. Es ist sinnvoll den Blasensprung ernst zu nehmen und einige Faktoren zu überprüfen. Die Kinderbewegungen, die Farbe und den Geruch des Fruchtwassers, aber auch die Infektionszeichen (Temperaturanstieg, evt. Blutwerte).
Wo aber zwischen Spitaleintritt und dem da laufenden Procedere und dem ganz auf sich alleine gestellte Procedere eine befriedigende Kompromisssituation erstellt werden kann, weiss ich leider nicht. Wer kann und darf da die Verantwortung übernehmen??
Das ist Geburtshilfe, irgendjemand hat irgendwo Normen aufgestellt und in diesen Bewegen wir uns nun. An die müssen wir Hebammen und Aerzte uns halten. Aber darüber wird immer wieder diskutiert und gestritten.
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