Dienstag, 31. August 2010

Erstes, zweites, letztes Kind

Selbst bei mir habe ich beobachtet, wie die Abfolge der Kinder einen Einfluss hat. So schaut man beim ersten Kind nach vorne und kann kaum abwarten bis es auch lächelt, greift, sitzt, kriecht etc. Unangenehme Phasen kommen einem wie eine Unendlichkeit vor und man denkt, das sei für immer so.

Ist man Mami von einem zweiten Kind, wird viel mehr im Hier und Jetzt gelebt. Die Erfahrung vom Erstgeborenen fliesst mit ein und wir wissen, dass alles nur eine Phase ist die wieder von einer anderen abgelöst wird.

Das letzte Kind (das kann auch das einzige Kind sein), wird gerne ein bisschen klein gehalten - man will es geniessen und auch nicht so gerne loslassen. Es fällt viel schwerer loszulassen obwohl es doch einfacher sein könnte weil man dies schon beim Grösseren gemacht hat.

Manchmal muss das Kind grösser werden und das Mami darauf aufmerksam machen oder man hat eine Freundin, die liebevoll darauf aufmerksam macht, dass auch der/die Kleine schon gross geworden ist.


Sonntag, 29. August 2010

Ernstnehmen der Kinder

Bereits im Mutterleib wird mit dem Baby im Bauch Kontakt aufgenommen. Das zeige ich den Eltern in der Haptonomie.

Klar dass ein Baby (Kind) auch weiterhin als Persönlichkeit angeschaut wird. Mir stösst es sauer auf, wenn ich Eltern im Tram oder beim Einkaufen beobachte mit zwei oder drei jährigen Knirpsen:

"Linus, willst du jetzt hier aussteigen oder noch weiterfahren bis zum Botanischen Garten. Schau, die Leute sind alle schon draussen. Möchtest du lieber noch weiter fahren bis die Bahn wieder wendet?".

Oder beim Bäcker: "Ein Kilo Brot und was möchtest du Amelie?? Schau es gibt da Lokomotiv-Brötli, das ist ein Weggli das dir vor drei Wochen die Omi mitgebracht hat - oder lieber ein Pain au Chocolat, das hat die Mami immer gegessen als sie in Paris war - oder möchtest du lieber ein Weggli, weisst du das, was es beim anderen Beck am Markt immer gratis dazugibt."

"Lieber Nathan ich muss jetzt bei dir die Windeln wechseln, weil du Kacka gemacht hast, ich drehe dich jetzt auf den Rücken, ich öffne jetzt den obersten Knopf, ich ziehe die Hose jetzt herunter und muss dich deshalb auf die Seite drehen und jetzt auf die andere Seite, so und jetzt öffne ich die Windeln ..."

"Delicia magst du diesen Rock mit den Rosen, der dir ein bisschen zu kurz ist oder möchtest du den grünen mit den Streifen oder sollen wir die Verkäuferin fragen ob sie im Schaufenster das Kleid holen gehen soll, das es in der Abteilung nicht mehr gibt in deiner Grösse?"

So ist es nicht verwunderlich, dass ich um einen Termin verschieben zu können zuerst eine Viertelstunde mit dem Knirps verhandeln muss:

"Wer bist du? ... Ich habe deinen Namen nicht verstanden ... Was willst du? ... Was ist das eine Hebamme? .. Weshalb machst du das? ... Wieso musst du mit meinem Mami sprechen..... Nein, ich gebe dir das Mami nicht ans Telefon ....... ich will nicht". Der Telefonhörer wird aufgelegt.

Mein Bild vom Elternsein ist auch Führung und Bestimmen. Wenn ich mich zum Sklaven meiner Kinder mache, schwindet bei ihnen die Achtung und der Respekt vor mir.




Samstag, 28. August 2010

Auch die Hebamme weiss nicht alles

Auch ich als Hebamme komme an Grenzen. Was kann ich machen, wenn ein Baby unzufrieden ist und fast nur schreit? Wenn ich das erste Mal ein Paar daheim besuche, die Eltern aufgelöst sind, kaum geschlafen haben und das Baby ununterbrochen schreit wie die ganze Nacht die Brust oder das Fläschchen verweigert.

Da muss ich zugleich eine Beziehung schaffen zu den Eltern (die ich das allererste Mal sehe), sie beruhigen, abchecken was sie gemacht haben, beobachten woran es liegen kann, das Baby anschauen ob körperlich alles in Ordnung ist und die Liste der Bedürfnisse des Kindes durchgehen (Essen, Wärme, Kleidung, Geborgenheit, Ruhe).

Den Eltern die glauben mit ihrem Baby stimme etwas nicht und das als Drama anschauen (ist es auch) sage ich, dass das ganz normal ist. Die Mutter fühlt sich vom Baby nicht angenommen weil es sie mit den Armen wegstösst, also lobe ich sie, wie gut sie es macht. Der Vater ist manchmal noch nervöser oder ruhiger. Beide haben Vorstellungen von wie es richtig sein könnte (hat aber nicht funktioniert) und jetzt kommt nochmals jemand dazu der Vorschläge macht.

Da bin ich sehr froh, wenn beide Elternteile zu mir Vertrauen fassen, wir zusammen ausprobieren und unsere Beobachtungen zusammentragen um zu einer gemeinsamen Lösung kommen können.

Das ist aber nicht immer so. Es kann sein, dass die Mutter oder der Vater mich ablehnt. Dann ist es sicher besser, wenn ich gehe und die junge Familie alleine lasse und hoffe dass sie ihren Weg finden werden. Leicht ist das nicht für mich.

Gottseidank ist das auch fast nie vorgekommen.


Freitag, 27. August 2010

Aus dem Nähkästchen

Kürzlich habe ich auf der Strasse einen Mann getroffen. Er hat mich lächelnd begrüsst und gesagt, dass er die Zeit vermisse als ich die Hausbesuche bei ihnen im Wochenbett gemacht habe. Er hätte das so entspannend gefunden. Das hat mich gefreut, dass auch ein Mann meine Besuche schätzt.

Manchmal werde ich auch um 23 h in der Nacht angerufen, weil das Baby hinter der Ohrmuschel wund ist. (Das kann passieren, wenn die Hygiene nicht bis hinters Ohr reicht. Da und unter der Armbeuge sind Stellen, die man leicht vergessen kann und die sich dann entzünden und nässen.) Eine Frau ruft an weil sie auf einer Berghütte ist. Es gibt da kein fliessendes Wasser sie weiss nicht was sie jetzt machen soll.

Ein Mann ist auf dem Telefonbeantworter um mir mitzuteilen, dass seine Frau geboren hat. (Ich bin froh um diese Information, baldmöglichst nach der Geburt, damit ich die nächsten Tage ein bisschen Planen kann.) "Hallo hier ist K. meine Freundin, die Mutter meines Sohnes hat gestern im Spital Z, eben mein, ehm unser Kind auf die Welt ehm geboren. Sie hat mir gesagt, dass ich sie anrufen soll. Und jetzt wollte ich einfach zur Orientierung informieren für nachher, weil sie dann nach der Geburt für die Zeit wenn sie aus dem Spital kommt Sie dann eben zu uns nach Hause wo wir wohnen die beiden pflegen oder einfach besuchen werden oder so. Ah unser Name, ich meine, die Freundin, die Mutter ehm die gerade gebährt hat ist H.K. Danke

Da muss ich dann schon schmunzeln. Auch über die SMS die ich manchmal bekomme.

Volle pralle Brüste wie Granny-Smith tierisch weh, was kann ich machen
Möpse immer noch gerötet und schmerzhaft
Vor einer Stunde gestillt, schreit jetzt, nochmals die Zitze geben
Mein Busen fühlt sich nicht mehr wie Silikon an, tausend Dank
Bauch stinkt wie faule Eier muss ich zum Arzt
Bin mit dem 2. Kind schwanger hast du wieder Zeit für uns
Danke für die Adresse des schönen Arztes
Stillen klappt wieder, massiere und wärme weiter
Fläschli jedesmal auskochen ?
Kopf liegt fast unten freue mich auf nächste Woche
Geht wieder besser war bei Mutter
Schreit, schwitzt, roter Kopf seit Stunden muss ich in Spital

Das sind einige Muster; das ist eine bunte Palette von Anfragen und Informationen und es ist okay dass ich angefragt werde. Lieber einmal zu viel, wie einmal zu wenig.








Was es braucht für eine Familie

Um eine Familie zu Planen sind einige Dinge erforderlich:

- Kinderwunsch von beiden Elternteilen
- der Mann muss sich seiner Partnerin sicher sein
- die Frau kann sich vorstellen mit dem Partner ein Leben lang zusammen zu sein
- das Paar sollte ähnliche oder gleiche Vorstellungen zu Kindererziehung haben
- beide sollten gut miteinander diskutieren können
- der Mann muss bereit sein, Verantwortung zu tragen und sich in seinem Beruf wohl fühlen
- oder der Mann ist bereit auf seine Karriere zu verzichten und übernimmt die Erziehung
- als Paar sollten sich beide bewusst sein, dass eine Drittperson die Zweisamkeit unterbricht
- Vorteilhaft wären Grosseltern die in der Nähe wohnen und die sympathisch sind
- eine Wohnung die gross genug ist, oder Aussicht auf eine grössere Wohnung
- beide sollten bewusst und bereit sein, auf Sexualität eine zeitlang verzichten zu können
- der Mann muss seine Frau lieben können auch wenn sie einige Pfunde mehr hat
- die Frau sollte den Partner auch als Vater ihres Kindes vorstellen können
- die Frau sollte sich von ihrem Partner getragen und unterstützt fühlen können
- beide sollten sich auf ein Abenteuer einlassen können
- ...... und noch viel mehr

Mittwoch, 25. August 2010

Menstruation nach der Geburt

Wann die erste Menstruation nach der Geburt erfolgt, hängt von vielen Faktoren ab. Je nach dem wie die Hormone der Frau zusammenspielen, kann trotz Stillen die schnell wieder der Zyklus beginnen und andere die nicht Stillen müssen einige Monate darauf warten.

Meistens ist die erste Blutung sehr stark und lang. Erst nach einigen Zyklen pendelt sich wieder eine schwächere Blutung ein.

Es gibt Frauen die nach der Geburt:

- eine schwächere Blutung haben
- weniger Schmerzen oder keine Schmerzen mehr haben
- die immer noch genau gleich starke Schmerzen haben
- wieder schnell (zwei Monate) denselben Rhytmus haben wie vorher
- lange keine Mens haben (über ein Jahr und mehr)
- bei denen sofort nach der Geburt die Wochenbett-Blutung von der Mens abgelöst wird
- nach einigen Monaten sofort regelmässig menstruieren
- die neu einen regelmässigen Zyklus haben der vorher nicht war
- nach drei bis fünf Monaten eine zeitlang sehr unregelmässig menstruieren
- auch nach dem Abstillen noch einige Monaten auf die Periode warten müssen
- die Menstruieren aber keinen Eisprung haben
- die einen Eisprung haben aber nicht menstruieren
- die kaum mehr prämenstruelle Symptome haben
- die stärker prämenstruelle Symptome haben
- die in der Stillzeit ohne Mens schwanger werden

Es gibt Frauen die durch die Stillhormone sehr trockene Schleimhäute haben, so dass der Geschlechtsverkehr nur mit Gleitmitteln möglich ist. Auch kann in der Stillzeit bei manchen Frauen das Gewebe noch sehr weich sein.

In der chinesischen Medizin heisst es, dass erst nach drei Jahren, der Körper der Frau ganz erholt ist von der Schwangerschaft. Erst dann ist sie wieder ganz in sich angekommen.




Freitag, 6. August 2010

Männerleiden

Mit der Geburt verändert sich sehr viel. Für eine Zeit steht die Uhr still nur das Baby bestimmt den Rhytmus. Oft kommt man nicht mehr aus dem Haus. Alles was man macht ist neu und von Niemandem bekommt man Anerkennung. Jedes Geräusch vom Baby verunsichert. Im eigenen Körper fühlt man sich nicht mehr zuhause. Man kommt nicht mehr zum Schlafen oder nur in kleinen Intervallen. Es gibt Tage und es gibt Tage. Manche sollten nie enden, andere sollten gar nie beginnen und andere fliessen einfach so dahin. Welcher Tag wie wird, kann man leider erst am Abend sagen oder am anderen Morgen.

Das alleine sind viele Gründe um in eine Depression zu versinken von Hormonschwankungen, was ganz natürlich ist, zu schweigen.

Aber es gibt auch Männer - die in ihrem Job bleiben, die die Hauptverantwortung der Partnerin überlassen und genügend schlafen. Trotzdem kommen sie psychisch mit der neuen Lebenssituation nicht zurecht.

Ich weiss nicht ob die Verantwortung zu viel Gewicht hat ob da eigene Urängste, Bedürftigkeiten aufkommen oder andere Lebenserfahrungen mitspielen. Als Hebamme habe ich vor allem mit den Frauen zu tun und es ist mir ein grossen Anliegen, dass diese die Unterstützung vom Umfeld (Partner) bekommen.

Ich sehe aber auch, dass das nicht immer klappt. Die Frauen sprechen mit mir über ihre Paarprobleme über die Ohnmacht des Mannes über sein Abgrenzen, seine Aggressivität, seine Eifersucht oder sein Mitleiden mit dem Baby.

Leider kann ich da nur aus wenig Erfahrung raten. Manchmal genügt es, wenn die Frau weiss, dass sich auch im Leben des Mannes, durch die Position "Vatersein" viel verändert. Dass er in eine Krise stürzen kann und sich der Aufgabe nicht gewachsen fühlt. Verständnis ist wohl ganz wichtig und Geduld. Schwierig ist das, weil beide bedürftig sind. Die Mutter nicht nur auf der psychischen Ebene sonder auch auf der Körperlichen. Das Muttersein mobilisiert enorm viel Kraft und für ihr Baby wird sie zu einer Kriegerin. Diese Kraft kann ihr den Weg zeigen für die ganze Familie. So staune ich manchmal über schwache Frauen die plötzlich zu Enormem fähig sind, wenn es zu einer Bedrohung kommt. Dann sind es die Frauen die Aufstehen und ihren Männern den Weg (wohin auch immer) weisen.

Donnerstag, 5. August 2010

Mit Baby unterwegs

Heute war ich in einem Restaurant, mittlerweile - da endlich da alles Rauchfrei ist - hat es viele junge Mütter am frühen Nachmittag da.

Gleich am Nebentisch sassen drei Mamis mit ihren ca. 3 Monate alten Babys. Eines schlief, eines war am Einschlafen und das Dritte schrie und wollte die angebotene Brust nicht mehr nehmen. Es war sehr laut im Gastraum - neben mir sassen fünf Frauen die in Italienisch und Englisch eine zukünftige Hochzeit besprachen - also kein Wunder hat der Kleine keine Ruhe gefunden. Aber anstelle, dass das Mami nun ruhig wurde und diese Ruhe auf ihr Kind übertrug, hat sie ihren Kleinen aufgesetzt und ihn rumgewippt. Immer unter den Argusaugen ihrer Freundinnen mit den ruhigen Kindern. Natürlich ist das ein Stress unter diesen Umständen war das toll was das Mami gemacht hat.

Dann endlich hat sie gemerkt dass der Schreihals wohl doch schlafen möchte. Schwupps wurde er auf die Bauchlage gelegt und da rumgewiegt. Mami war in einer Haltung halb sitzend, halb stehend über den Tisch gebeugt. Natürlich, alles andere als bequem. Nach zu kurzer Zeit - wo das Baby sich beruhigt hat - hat sie wieder die Stellung gewechselt. Schreihals hat wieder angefangen. Wiederholung aller Positionen noch drei Mal.

Die Stimmung im Restaurant wurde gespannt alle haben rüber geschaut nur die 5 Hochzeitsplanerinnen liessen sich nicht beeindrucken.

Baby kam in Wagen und wurde geschüttelt. Leider auch nur ein ganz kurzer Erfolg. Dann hat die Mami so etwas wie eine Schürze angezogen, den kleinen darunter versteckt und ihm nochmals die Brust angeboten. Endlich Ruhe. Und vielleicht ist der dann auch nuckelnd eingeschlafen - ich bin gegangen.

Ich hätte es bestimmt auch so gemacht.

Aber als nicht mehr Mutter von so einem Kleinen, als Zuschauerin, weiss ich, dass ihm nur die Ruhe gefehlt hat und dass er ganz ganz bestimmt unter der Schürze eingeschlafen wäre auch ohne Brust wenn das Mami ruhig geblieben wäre.

Aber wie kann man ruhig bleiben unter so vielen Blicken und zwei Müttern die stolz auf ihre ruhigen Kinder sind.

Spielzeuge

Manchmal werde ich gefragt ab welchem Alter die Kinder Spielzeuge brauchen. Weniger ist oft mehr. Ich persönlich finde es wichtig, dass die Babys sich zuerst selber entdecken. Das erste Spielzeug ist die eigene Hand. Stundenlang können sie diese Hand erforschen und entdecken. Plötzlich ist es eine Faust und dann ist sie wieder ganz flach. Wenn das Baby auf dem Bauch liegt der Kopf auf der Seit ist, ist auch die Hand da. Damit kann es sich immer wieder erfreuen.

Auch der Blick zu Decke, die Schatten der Wand, Deckenübergänge sind einer langen Studie gewidmet. Balken, dunkel-/hell Uebergänge sind ein Anziehungspunkt für die ganz Kleinen.

Die Wirtschaft profitiert gerne von den neuen Eltern und verkauft ganz viele Sachen die ein Baby unbedingt haben will. Selber will man ja nur das Beste für Baby und kommt ganz schön in Versuchung. Aber man kann wirklich warten bis das Baby/Kleinkind selber danach fassen kann. Da genügt ein kleiner Ring, den es mit seinen Händen umfassen kann und auch in den Mund stecken kann. Eine Packung Papiertaschentücher, der Schlüsselanhänger, ein Kochlöffel können viel Freude bereiten.

Mobilé sind zwar schön, werden aber oft zu früh aufgehängt und ich sehe mehr nervöse Kinder, die nicht abschalten können, als Beglückende die Freude an ihrem Mobilé haben. Den Kinderwagen unter einen Baum schieben, so dass das Baby zu den Blättern hoch sehen kann; oder selber unter den Baum liegen, das Baby neben sich und zusammen die Stille geniessen. Das tut beiden gut.

Als Mutter habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass Spielzeuge die schon immer im Kinderzimmer waren, nicht interessieren. Es ist also sinnvoll diese wegzuräumen und dann im richtigen Augenblick diese dem Kind geben. Wann dieser Augenblick richtig ist, entscheiden nur sie.