Sonntag, 3. Februar 2013

Geburtshäuser stehen vor dem Aus

Tarifsuisse setzt Preise bewusst tief an, um kleine Institute (Geburtshäuser) aus dem Markt zu drängen. Heute gelesen in der Sonntagszeitung: "Die Festsetzung einer tiefen Baserate soll eine Massnahme sein, die Konsolidierungswelle im Gesundheitswesen voranzutreiben und damit die Qualität zu erhöhen". Es wird festgehalten dass die Geburtshäuser im schweizweiten Vergleich sehr wenig Geburten verzeichnen. Dies sei nicht optimal: "Denn ganz generell gilt, je höher die Fallzahlen sind, desto besser die Qualität".

Das kennen wir Hebammen ja zur Genüge: Als ich im Spital gearbeitet habe, kam mir meine Arbeit vor wie eine Fliessband-Arbeit: Ich habe die Frauen erst unter der Geburt kennengelernt, Frau rein ins Geburtszimmer, Gebären dann wurde sie weitergereicht in die Abteilung "Wochenbett". Bei einem anstrengenden Dienst mit drei bis vier Geburten wusste ich bei Dienstschluss nicht mehr welche Frau wann und wie geboren hat. Einmal habe ich eine Frau gefragt - sie kam mir vertraut vor, deshalb dachte ich sie sei von der Schwangeren-Station; da bleiben sie länger - wann denn ihr Baby auf die Welt käme (ihr Bauch war gross) - dann hat sie mich entsetzt angeschaut und gemeint: "sie haben mich gestern entbunden!" Da hatte ich persönliche eine hohe Fallzahl.

Im Gebärhaus mit "nur" 7 Geburten pro Monat ist die Qualität nicht die Anzahl, aber die Präsenz, das Dasein der Hebamme, das Teilen. Da lernen die Hebammen die Frau in der Schwangerschaft kennen, gebären zusammen und betreuen sie nach der Geburt. So kennt die Hebamme jedes Detail, auch noch nach Jahren.

Vielleicht ist das alles bald Geschichte, wieder ein Beruf der Ausstirbt. Mit studierten Pflegefachfrauen (bald auch -männer) wird eine Geburt in Zeiteinheiten geplant und wenn der Geburtsablauf da nicht reinpasst, operativ beendet. Nach Schema werden Medikamente verteilt und Anästhesie ausgeteilt. Jeder Mensch kommt gleich auf die Welt - Individualismus wird bereits bei der Geburt unterdrückt.

Schade!

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