Montag, 23. Juli 2012

Was kann ich als Hebamme jetzt noch ausrichten

Ein Paar kommt zu mir zur Geburtsvorbereitung (Haptonomie). Sie haben einen wunderbaren Kontakt zum Baby. Der Mann ist sehr stark in der Präsenz und die Frau kann sich sehr gut Entspannen in dieser haptonomischen Berührung. Beide freuen sich sehr auf die Geburt. Das Paar kommt einige Male wir besprechen die Geburt und das Dasein unter der Geburt. Die Frau ist voll freudiger Erwartung  auf das was kommen wird. Beide sind bereit das Baby zu empfangen. Alle sind optimal auf die Geburt vorbereitet.

Der Geburtstermin rückt langsam näher, die letzte Untersuchung beim Arzt erfolgt:

Nun meint der Arzt, dass die Frau wahrscheinlich nicht spontan gebären kann. Sehr wahrscheinlich sei ihr Becken zu eng, sie könne es  probieren, aber er nimmt an, dass die Frau übertragen wird und dass  das Baby dadurch noch grösser werde und die Wahrscheinlichkeit für eine Spontangeburt dann eh gleich Null ist. Er schlägt ihr einen Kaiserschnitt vor, das sei für Alle am Sichersten ohne Stress und  auch gut planbar für Alle.

Jetzt telefoniert die Frau mir.

Am Liebsten würde ich ihr sagen, "komm wir zeigen dem Arzt, dass er sich irrt".  Aber ist die Frau jetzt noch so frei, dass sie dies zulassen kann. Wird nicht mit jedem Tag wo noch keine Wehen kommen, sie Angst haben, dass das Baby zu gross wird? Werden die Wehen überhaupt unter diesem Druck einsetzten. Wird sie, selbst wenn die Wehen bald eintreten, sich so öffnen können ohne ständig die Angst zu haben, ob sie von sich und von ihrem Baby zu viel erwartet?

Es bräuchte eine enorm starke Führung für dieses Paar. Es bräuchte ein Umfeld, das sie unterstützt in dem was die Frau (das Paar) will. Es bräuchte sehr grosses Selbstvertrauen.

Ich weiss noch nicht was ich der Frau raten werde. Bestimmt werde ich sie fragen, was sie selber fühlt und sich zutraut.  Da sie aber im Spital gebären wird und sie die Hebamme nicht kennt, aber der Arzt da sein wird, den sie kennt, ist wohl mit einem Kaiserschnitt zu rechnen.

Schade haben wir Hebammen so wenig Einfluss und der Arzt so viel Macht.

5 Kommentare:

  1. O jeh, bin gespannt wie das weiter geht....

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  2. Da bekomme ich gerade "Bibeli" - so ein typischer Klassiker! Der Arzt lässt seiner Meinung freien Lauf, die Frau (und ihr Partner) sind stark verunsichert und die Hebamme schlussendlich zwischendrin, da es so schwierig ist, in der oft kurzen verbleibenden Zeit die Wogen wieder zu glätten und dem Paar sein Selbstvertrauen wieder zurückzugeben - ich könnte k...! Es ist, wie Du es beschreibst: schade, dass wir Hebammen trotz viel Vorarbeit, Kontakt, Vertrauen so wenig Einfluss haben und die Ärzte mit einigen kurzen Sätzen so viel zunichte machen können! Ich wünsche mir von Herzen, dass sich dies einmal ändern möge - manchmal bin ich diesbezüglich zuversichtlich, aber leider öfters mal ziemlich deprimiert... Liebe Beatrice, ich wünsche Dir viel Ruhe und die richtigen Worte um diese werdenden Eltern weiter zu begleiten - wohin auch immer ihr Weg sie führen wird. Das Wichtigste scheint mir, dass es IHR Weg ist und sie (auch in Zukunft) voll hinter ihren Entscheidungen stehen können - und genau dies wird Deine Herausforderung sein... Ich verstehe Dich - und ich wüsste gerade auch nicht, wie ich dieses Paar am besten weiterbetreuen könnte/sollte. Ganz viele liebe Gedanken (und vielleicht lässt Du uns dann mal wissen, wie die Geschichte weiter- bzw. ausgegangen ist?) * Céline.

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  3. Ist mir auch so gegangen (sehr schweres Kind) und ich trage bis heute schwer an unserer Entscheidung zum Kaiserschnitt, der eigentlich eine Hausgeburt sein sollte. Wie ging's denn weiter?

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  4. Diese Frau hat sich nach unserem Gespräch, beim Arzt für eine Spontangeburt entschieden, der hat dann überhaupt nichts mehr dazu gesagt. Sie hatte eine wunderbare Geburt und ist jetzt überglücklich. Ich auch.

    Vielen Dank für eure Anteilnahme. "Das wichtigste scheint mir, dass es Ihr Weg ist" Das ist ganz bestimmt sehr entscheidend. Wenn das so sein könnte, würde ein Akzeptieren des Geschehenen auch leichter fallen.

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  5. Gestern habe ich ein Telefonat bekommen von einer Kollegin, sie bietet Schwangerschaftsbegleitung an. Einer Frau die nach sehr langer schmerzhafter Zeit endlich, mit Hilfe, Schwanger geworden ist, schlägt die Gynäkologin einen Kaiserschnitt vor. Für meine Kollegin war dies absehbar: Die Gynäkologin hat der Frau nämlich erst in der 34. Woche eröffnet, dass sie sie unter der Geburt nicht begleiten kann, da sie nur Kaiserschnitte entbinden würde. Das war dann auch der Anlass eine genaue Untersuchung des Beckens einzuleiten und siehe da es gibt wirklich ein Mass das unter dem Normwert ist. Für die Gynäkologin eine Berechtigung für den Kaiserschnitt und für die Frau eine enorme Unsicherheit..... Die Macht der Aerzte.

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